Exposé zum Romanmanuskript “Die Verweigerung” (125
Seiten)
Wie viel Einsamkeit erträgt ein Mensch? Daniel Rosner, ein junger Wissenschaftler, der an einem
angesehenen Forschungsinstitut arbeitet, führt eine Doppelexistenz. Als Wissenschaftler versucht er, seinen beruflichen Herausforderungen gerecht zu werden, als Privatmensch sucht er Erfüllung in einer
zurückgezogenen, geistig orientierten Lebensweise. Die fragile Balance seines Lebenskonzepts fällt auseinander, als er von seiner Lebensgefährtin verlassen wird und durch die Trennung sein Kind verliert. Ausgelöst
durch eine berufliche Krise beginnt er, an seiner Situation zu zerbrechen. Als Rosner nach einem deprimierend erfolglosen Arbeitstag vom Institut nach Hause kommt, findet er seine Wohnung völlig unerwartet von
Hausbesetzern okkupiert vor. Der Übergriff auf seine Heimstätte nimmt ihm den letzten Rückzugsort, den er noch hat. Seine Bemühungen, die Besetzer zum Abzug zu bewegen, missglücken. Als er schließlich seine Wohnung
mit Gewalt freizukämpfen versucht, unterliegt er der Übermacht der Besetzer. Er muß aufgeben und flüchtet in den nahegelegenen Stadtpark. Dort trifft er eine alte Bekannte. Ihr Auftauchen erscheint ihm wie eine
wunderbare Fügung. Nach einer zaghaften Annäherung kommt es zu einer amourösen Begegnung, in deren Verlauf Rosner wieder aufleben kann und neuen Mut fasst. DEine zarte Hoffnung auf Rettung aus seiner ausweglosen
Situation keimt auf. Doch die Frau, die in der Affäre mit Rosner nur eine vorübergehende Episode sieht, wendet sich während eines Diskothekenbesuchs wieder von ihm ab. Der Schock, aus für ihn vollkommen
unverständlichen Gründen verlassen worden zu sein, führt dazu, dass Rosners Welt endgültig aus den Fugen gerät. Desillusioniert kehrt er in seine Wohnung zurück, nun gewillt, seine Widerstände aufzugeben und sich
den Besetzern zu unterwerfen. Doch plötzlich ist, wie von Geisterhand ausgelöscht, der ganze Besetzerspuk verschwunden. Stattdessen wird er, nun wieder vollkommen auf sich selbst zurückgeworfen, von
Erinnerungsattacken aus den Untiefen seiner wunden Seele heimgesucht. Er gerät in eine Spirale von Selbsthass und Autoaggression, aus der er schließlich keinen Ausweg mehr sieht und im Bett liegen bleibt. Er
beschließt, sich seiner Arbeitsverpflichtung sowie allen anderen Zwängen, denen er sich in seinem Leben ausgesetzt sieht, zu verweigern. Nach einer wilden Traumfantasie, bei der er eine Gebirgswanderung
unternimmt und bei einer Bäuerin Zuflucht und so etwas wie Erlösung findet, bringt ihn das Alarmsignal seines Weckers wieder in die bittere Realität zurück.
Im Text vermischen sich ganz bewusst Realität und Fiktion. Die Geschichte des Daniel Rosner versucht
auf diese Weise deutlich zu machen, wie sich in einer derart zugespitzten Lebenssituation die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit, Gegenwart und Vergangenheit sowie innerer und äußerer Wahrnehmung auflösen
können. Da die verzweifelten Bemühungen der Erzählfigur, zu sich selbst zurückzufinden, mit dem Versinken in den Strudeln von Beziehungslosigkeit und existentieller Bodenlosigkeit enden, wird das Ringen um Selbstsein zum
eigentlichen Thema der Geschichte.
© Gottfried Schenk 1991
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